☏ 0152-33818713 I adrian@permacultureliving.de
Ein anderes Leben…
Unterwegs zur Permakultur
Der Geruch von verbrennendem Plastik in Albanien, eine mehr als dreistündige Fahrt durch total vertrocknetes Ackerland in Rumänien, zerrissene Folientunnelfetzen wohin man auch blickt in der Türkei und vielen anderen Ländern, über 50 Hektar verbrannten Waldes in einem portugiesischen Nationalpark und Tonnen von einst fruchtbarem Boden, die in Marokko nach Regenfällen ins Mehr gespült werden und so dass dieses sich kilometerweit braun färbt.
Während unserer 19-monatigen Reise mit der ganzen Familie durch 21 Länder in Europa, Asien und Afrika wurde uns sehr deutlich vor Augen geführt, wie schlimm es um den Zustand unserer Umwelt bestellt ist und wie gefährdet die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder bereits ist. Die Folgen der durch unseren Lebensmittelkonsum direkt unterstützten konventionellen Landwirtschaft werden wie oben beschrieben wirklich überall sichtbar. Auch die in vielen Ländern immer drastischeren und länger andauernden Dürreperioden gepaart mit einer unzureichenden Strategie zur Nutzung vorhandener Regenwasser-Ressourcen geben Grund zur Besorgnis. Fruchtbaren Boden bekommen wir während der gesamten Reise nur sehr selten zu Gesicht, und dies meist nur in abgelegenen Regionen, welche wir Menschen noch weitgehend unberührt belassen haben.
Und doch dürfen wir auch Lösungen zu diesen gravierenden Problemen unserer Zeit erleben. Besser noch, wir dürfen bei der Anwendung dieser relativ einfach umzusetzenden Lösungen live dabei sein. In Griechenland entscheiden wir uns dazu, für ein paar Wochen im Permakultur-Projekt „Prosiliako“ mitzuarbeiten. Und dabei tauchen wir erstmals ein in diese Welt mit den ethischen Grundsätzen von Earth Care, People Care und Fair Share…
Das etwas über 2 Hektar große Land hat weder Strom-, noch Wasseranschluss und auch auf die Müllabfuhr wartet man vergebens. Das Grundstück liegt wunderschön in den Bergen am Rande eines Canyons auf der Peleponnes-Halbinsel Mani. Überall auf dem Gelände ist das Meer sichtbar. Über dem Canyon schreien Adler. Viele der für uns alltäglichen Handgriffe geschehen ohne jegliche Elektronik-Unterstützung. Gekocht wird mit Gas, das Trinkwasser kommt von einer nahegelegenen Quelle, gespült, gewaschen und geduscht wird mit dem hauptsächlich im Winter gesammelten Regenwasser. Hört sich sehr aufwändig und umständlich an, aber das Leben hier ist so einfach, so unbeschwert, so leicht.
Wir lernen, in natürlichen Kreisläufe zu denken. Wir lernen, wie kostbar jeder Tropfen Wasser ist. Wir lernen, wie erfüllend es ist, in und mit der Natur zu arbeiten. Eine einzigartige Erfahrung…
Im Projekt „Malama“ in Portugal nutzen wir den vor Ort verfügbaren Lehmboden zur Restaurierung einer alten Ruine, die zukünftig zu einem gemütlichen Heim für Susanne und Nico werden soll, den beiden Besitzern des Malama-Grundstückes. Hier mache ich lange Gartenrundgänge mit Petra, die mit ihrer langjährigen Erfahrung die Hauptverantwortung für die Pflege des Gartens übernommen hat. In der Trockenheit Portugals ist für sie die Erzeugung und der Einsatz von Pflanzenkohle ein Erfolgsrezept. In einem speziellen Verfahren wird dabei Grünschnitt verbrannt und zu einem Zeitpunkt abgelöscht, bevor aus der Kohle Asche wird. Der so erzeugte Stoff verfügt über vielfältige Eigenschaften zur Verbesserung des Bodens und zur Speicherung von Nährstoffen und Wasser. Für mich ein weiteres interessantes Puzzleteil zum unglaublich vielfältigen Thema Permakultur.
Zum Ende unserer Reise schreibe ich mich in einen Permaculture Design Course beim US-basierten Unternehmen Ecoversity ein, denn ich möchte gerne mehr über diese Themenvielfalt erfahren. Eine der besten Entscheidungen meines Lebens, wie sich nur wenige Wochen später herausstellen soll…
Meine Lehrer in diesem 6 Monate dauernden Format sind bekannte Größen der Permakultur-Bewegung wie z.B. Penny Livingston, Stephen Brooks und Permakultur-Mitbegründer David Holmgren. Und dann, in der vierten Woche der Ausbildung macht es bei mir „Klick“ und ich bin mir sicher:
„Das ist er, mein zukünftiger Weg. Das ist es, was ich nach der Rückkehr von unserer Reise machen möchte. Und zwar ausschließlich.“
Von kompletter Dürre mit Wasser aus Tanklastern zu herrlich sprudelnden Quellen in nur 45 Tagen. Davon handelt eine Dokumentation von Andrew Millison über ein nationales Wasser-Restorationsprojekt in Indien. Wie soll das denn möglich sein, denke ich und schaue mir das folgende YouTube-Video als Teil unserer Hausaufgabe des Ecoversity Kurses interessiert an. Und dieser Film verändert mein Leben:
Er beschreibt, wie mit einfachsten Mitteln ein schneller Abfluss von Wasser und die damit einhergehende Erosion verlangsamt, verteilt und zum Teil umgeleitet werden kann, um dann die Möglichkeit zum Versickern hat. Dies hat einen Anstieg des Grundwasserspiegels zur Folge und somit führen weiter talwärts verendete Quellen nach kurzer Zeit wieder Wasser. Auch die Speicherung des Regenwassers in Teichen wird durch gezieltes Umleiten des Wassers während der Regenzeit sichergestellt, um so während der Trockenzeit ausreichend Reserven zu haben. Alles nichts Neues, aber in seiner Einfachheit in unserer modernen Zivilisation vielerorts in Vergessenheit geraten. Auch in meiner Studienzeit als Bauingenieur wurde hierzu kein Wort verloren, vielmehr ging es immer darum, das „böse“ Regenwasser möglichst schnell ableiten zu können.
Während des Kurses behandeln wir in nur sechs Monaten ein absolut weit gefächerte Inhalte: Nach einer Einführung in die Grundsätze der Permakultur geht es um den Design Prozess, Vor Ort Analysen, Klima, Wasser-Gewinnung, Bodenverbesserung, Erdarbeiten, Aquakultur, Bauen mit Naturmaterialien, Tierhaltung, Solardesign, erneuerbare Energien, regenerative Weidewirtschaft, urbane und suburbane Permakultur, Bienenhaltung, Ökonomische Systeme der Zukunft, Kräuterkunde, Ökodörfer, soziale Permakultur, professionelle Permakultur und die Arbeit mit Kunden. Ich erhalte Antworten auf so viele Fragen unserer Zeit, die durch die traditionelle Art der Landwirtschaft und unseren aktuellen Lebensstil entstehen. Ja, es ist wirklich eine neue Welt, die ich in dieser Zeit kennenlerne…
Inzwischen kann ich es kaum abwarten, all das Erlernte zuhause im eigenen kleinen Vorstadtgarten in Praxis anzuwenden und unser Lebensmodell als Familie drastisch zu verändern. Ein anderes Leben, ein ressourcenschonenderes Leben, ein erfüllteres Leben.
Fortsetzung folgt…